Wenn das Handy immer dabei ist, kann das zu Konflikten führen. Die Wissenschaft hat deshalb einen Namen dafür: Phubbing. Phubbing beschreibt das Phänomen, wenn sich jemand zurückgesetzt fühlt, weil das Gegenüber ständig mit dem Smartphone beschäftigt ist – anstatt sich auf das Gespräch oder die gemeinsame Zeit zu konzentrieren. Doch was passiert, wenn Phubbing mehr und mehr in unseren Alltag Einzug hält?
Warum Phubbing die Beziehung gefährden kann
Wenn ich unterwegs bin, auch mit meinen Kindern, merke ich, wie oft Väter nicht sonderlich präsent sind, wenn sie mit ihren Kindern unterwegs sind. Das merke ich bei mir selbst und spüre es auch bei anderen. Natürlich sind Handy & Co. eigentlich eine großartige Sache, trotzdem ist bei vielen die Abhängigkeit von diesen kleinen, immer verfügbaren Geräten sehr hoch. Unser Gehirn wird geradezu torpediert von den kleinen Glücksimpulsen, die wir durch jede Nachricht, jedes neue Like oder was auch immer bekommen – das ist das Phänomen des Phubbings in Aktion.
Irgendwie ist es auch nachvollziehbar, denn besonders bei kleinen Kindern ist nicht immer alles wahnsinnig spannend, was wir mit ihnen unternehmen können. Hinzu kommt der alltägliche, der berufliche und vielleicht auch der Beziehungsstress, der es einfacher macht, in die digitale Welt zu flüchten. Doch wir müssen uns bewusst sein, dass wir dadurch in den wenigsten Fällen wirklich bei unseren Kindern sind. Wir sind eher in der digitalen Welt gefangen, was dazu führen kann, dass Phubbing in unserer Beziehung zunehmend problematisch wird.
Wie Phubbing Beziehungen und Elternschaft beeinflusst
Ähnlich wie bei einem gemeinsamen Abendessen, bei dem beide Partner die meiste Zeit an ihren Geräten hängen, gestaltet sich die Beziehung schwierig und alles andere als verbindlich, wenn unsere Hauptaufmerksamkeit, statt bei uns selbst und unseren Kindern, bei diesen Geräten ist. Phubbing ist mehr als nur ein gelegentliches Checken der Nachrichten – es ist ein stetiges, fast unbewusstes Ablenken, das zu einer Entfremdung führen kann.
Immer wieder höre ich von Vätern, wie schwer es ihnen fällt, den Hang zu elektronischen Geräten so zu zähmen, dass sie wirklich aufmerksam bei ihren Kindern sein können. Wir wissen mittlerweile, dass es Abteilungen in großen Social-Media-Konzernen gibt, deren einziges Ziel es ist, unsere Abhängigkeit und Nutzung ihrer Produkte zu steigern. Gegen diese immer besser werdenden Algorithmen und im Hintergrund arbeitenden Supercomputer können wir mit unserer steinzeitlichen Selbstdisziplin nicht anhalten. Mir scheint, die einzige Möglichkeit, um hier freier seine Beziehungen zu gestalten, ist eine sehr klare Trennung zwischen der Zeit mit den Kindern und der Zeit mit den Geräten. Meine Tochter bat mich vor ein paar Wochen darum, einen handyfreien Tag zu machen, am liebsten wöchentlich. Das hat mir zu denken gegeben, gerade weil ich bemüht darum bin, achtsam mit meinen Kindern umzugehen und auch die kleinen Momente in ihrem Leben zu sehen und anzuerkennen – fernab vom Phubbing.
Phubbing und die Auswirkungen auf die Eltern-Kind-Beziehung
Es ist nicht so einfach mit der ungeteilten Aufmerksamkeit, war es nie und ist es wohl durch Smartphones und Social Media für viele noch weniger geworden. Auch für mich. Und trotz aller technischen Limits, dem digitalen Rückzug über den Jahreswechsel und guten neuen Ritualen ertappe ich mich dabei, doch nicht ganz bei der Sache zu sein und meine Kinder manchmal, oder manchmal auch öfter, für völlig banale Sachen hinter mein Handy zu stellen. Es gibt nun diesen telefonfreien Tag bei uns, es gibt das größere Bewusstsein dafür, dass unsere Kinder nicht mit unseren Smartphones und Tablets, Fernsehern und Konsolen konkurrieren wollen und dürfen. Geben wir Acht auf uns und die kleinen Dinge im Leben unserer Kinder, die letztlich realer Teil auch unseres Lebens sind – ohne Phubbing!
Phubbing vermeiden und mehr Präsenz zeigen
Ein abwesender Vater ist nicht nur jemand, der selten zu Hause ist, sondern auch jemand, der, wenn er zu Hause ist, seine Kinder nur im Autopiloten wahrnimmt. Unsere Smartphones sind die perfekte Fluchtmöglichkeit, mit immer größerem Abhängigkeitspotential. Doch was für uns nette Ablenkung sein mag, kann für unsere Kinder der bleibende Eindruck unserer fehlenden Aufmerksamkeit sein. Bedürfnisse nach Nähe, Gesehenwerden oder die Möglichkeit, über Belastendes zu sprechen, finden so noch weniger Platz in unserem durchgetakteten Alltag.
Wir alle wollen präsent sein; wollen, dass unsere Kinder wissen, wie wichtig sie uns sind. Und dennoch: Beobachtet euch einmal im Verlauf des Tages: Wie viel »Autopilot« ist da, wie viel ablenkungsfreie Zeit bekommen eure Kinder, wie viele Momente wirklicher Achtsamkeit? Und wie viel Druck und Stress ist da bei uns, dass wir die digitale Zerstreuung so sehr brauchen? Phubbing passiert oft unbewusst, doch wir können gegensteuern – indem wir uns bewusst für echte, handyfreie Zeit mit unseren Kindern entscheiden.
Mehr dazu und wie Du die Dinge neu angehen kannst, findest Du in meinem Buch “Up to Dad” im Beltz-Verlag, wo sich auch dieser Auszug findet. Auch ein Hörbuch ist mittlerweile erschienen.





