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Warum partnerschaftlich Eltern sein so wichtig ist

Eine kampfgeprägte Stimmung zu Hause hält unsere Kinder in einer kontinuierlichen Unsicherheit, möglicherweise sogar in der Angst, einen von uns Eltern zu verlieren. Im schlimmsten Falle, und das passiert vor allem in jungen Jahren oft, übernimmt unser Kind die »Schuld« für die ständig angespannte Situation und lernt, dass irgendwas mit ihm oder ihr nicht in Ordnung sein muss.

Wir haben alle Anteile von Mütterlichkeit und Väterlichkeit in uns und unsere Kinder brauchen jeden Moment der Nähe, der Aufmerksamkeit, der Sicherheit, den wir ihnen geben können. Verschwendet nicht die wichtigste Entwicklungszeit eurer Kinder mit eurem alltäglichen Kleinkrieg. Übernehmt stattdessen Verantwortung für euren Anteil an der Situation, reduziert den Druck und Stress auf eurer Seite und nutzt die zurückgewonnene Energie für das Wesentliche: eure Kinder und eine Kommunikation, die ihre Lebensumgebung verbessert! Wenn das nicht so einfach gelingt, holt euch Unterstützung, setzt euch mit euch selbst auseinander und versucht den anderen zumindest in Ansätzen zu verstehen. Den anderen Elternteil erziehen zu wollen ist genauso wenig Ausdruck von Augenhöhe und Respekt, wie das auch in unserer Eltern-Kind-Beziehung der Fall ist.

Wie wir mit dem Menschen an unserer Seite beziehungsweise dem anderen Elternteil umgehen, macht wesentlich mehr Eindruck bei unseren Kindern als unsere Worte, Diskussionen und Schelte. Wir wissen alle, dass Kinder mehr durch unser Verhalten lernen als durch alle stolzen Erklärungen und Mahnungen, alles Geschimpfe und Geschrei.

Das gilt aber nicht nur direkt ihnen gegenüber, sondern genauso im Umgang mit unserem (Ex-)Partner, unserer (Ex-)Partnerin. Wenn wir uns von unseren Kindern wertschätzenden Umgang, Empathie und Vertrauen wünschen, wir ihnen aber auf anderen Ebenen regelmäßig den Gegenentwurf demonstrieren, wird das womöglich ein schwieriges Unterfangen.

Nichts ist wichtiger als die durch die Eltern geprägte Atmosphäre zu Hause.

Kinder begreifen sich als Mix von Vater und Mutter! Daher verletzt jedes böse Wort gegen einen von beiden immer auch sie selbst. Streits und Trennungen verursachen Schmerz, bei uns als Elternteil, aber auch und gerade bei unseren Kindern. Verstärken wir diesen Schmerz nicht noch dadurch, indem wir der/dem anderen unnötig weitere Verletzungen zufügen. Jedes Beschimpfen und Schlechtreden tut genau das. Unsere Wut, die Trauer und vielleicht auch der Hass müssen einen anderen Platz finden, haben oft mehr mit uns als mit dem Gegenüber zu tun. Unsere Kinder dürfen da- für nicht die unbeabsichtigten Adressaten werden.

Unser Kind wird damit immer wieder an seine Grenzen gebracht, überfordert durch den Loyalitätskonflikt, die Unsicherheit, einen von beiden möglicherweise zu verlieren, und den eigenen Schmerz.

Gerade als jemand, der oft in Trennungssituationen mit Familien arbeitet, ist mir bewusst geworden, wie wertvoll der regelmäßige Versuch, sich die Situation des anderen Elternteils vorzustellen, sein kann: dabei Ideen zu entwickeln, warum die Situation so ist, wie sie ist, den anderen vielleicht etwas zu verstehen, trotz aller negativer Gefühle, die es da gibt. So wie wir nicht wollen, dass jemand respektlos über uns spricht, sollten auch wir damit begin- nen, respektvoll übereinander zu sprechen. Das kann nur funktionieren, wenn wir selbst Verantwortung für die aktuelle Situation, für uns und unsere Kinder übernehmen!

Eure Kinder lernen jeden Tag von dem, was sie hören, sehen und erleben. Es ist unsere Verantwortung, in welcher Atmosphäre sie das tun und welches Beispiel sie im Umgang mit anderen, geliebten Menschen bekommen! Wir Eltern müssen nicht an einem Strang ziehen, denn Kinder können sehr gut mit unter- schiedlichen Stilen umgehen und sich auf die Eigenheiten des an- deren Elternteils einstellen. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass unsere Kinder gerade durch dieses erweiterte Spektrum profitie- ren und mehr Möglichkeiten sehen, wie Zusammenleben, Kon- fliktlösung und Beziehung aussehen kann. Umso klarer wir für uns als Vater (aber auch als Mutter) wissen, was uns wichtig ist und worauf wir verzichten wollen, umso klarer und überzeugen- der wird die unterschiedliche Herangehensweise des anderen Elternteils.

Dies ist ein Auszug aus meinem Buch “Up to Dad” im Beltz-Verlag (Copyright 2021). Du willst mehr? Hier geht es direkt zum Buch.

Carsten Vonnoh

Systemischer Berater für Väter und Organisationen